Südfrankreich 2020 – Teil 2
Richtung Süden
Pont du Gard – Saintes-Maries-de-la-mer, Ardèche
Nachdem wir zwei wundervolle Tage in Avignon verbracht hatten, wollten wir natürlich noch einen kleinen Abstecher zur Pont du Gard machen. Wir hatten vorab den Campingplatz „La Sousta“ ausgewählt, der in der Nähe von Remoulins in unmittelbarer Nähe des römischen Aquäduktes liegt. Auf dem Weg über Landstraßen dorthin haben wir uns in einem Dorf-Carrefour verproviantiert auf dessen Parkplatz wir unseren Boliden gerade so eben bewegen konnten – unter den wachsamen Augen einiger französischer Omis.
Der Campingplatz selbst ist wunderschön und wir hatten einen riesigen Stellplatz im Schatten. Zum Pont du Gard kann man von dort in wenigen Minuten laufen. Man erreicht es abseits der ausgetretenen Touristenpfade ohne einen Cent Eintritt zu zahlen. Der Parkplatz oberhalb wäre ungefähr so teuer gewesen wie die Übernachtung auf dem Campingplatz. Es gibt hier noch einen Wohnmobilstellplatz, der noch ein bisschen näher liegt. Dieser lag aber voll in der Sonne und wir waren wirklich froh, nicht auf Asphalt stehen zu müssen. Die Pont du Gard haben wir ausgiebig bewundert und ich habe mit den Füßen im Wasser des Gardon den Kindern den passenden Wikipedia-Artikel vorgelesen. Zurück am Platz haben wir Milou im schattigen Wohnmobil gelassen und sind etwas stromaufwärts des Pont du Gard an einem kleinen, direkt vom Campingplatz aus erreichbaren Strand, schwimmen gegangen.
An diesem Platz -in the middle of nowhere- haben unsere Kinder zum ersten Mal bewusst die Milchstraße am Himmel gesehen. Wir haben auch die ersten Exemplare von Elons Starlink-Satelliten bewundern dürfen, die wie an eine Schnur aufgereit über den Nachthimmel zogen und mittels passender App gut zu identifizieren waren. Während meine Meinung zur Lichtverschmutzung der Nacht eindeutig ist, bin ich mir bei Starlink unsicher. Auf der einen Seite schon seit Kindertagen astronomiebegeisterter Sternegucker auf der anderen Seite Technologiefreak.
Am nächsten Tag ging es dann so richtig in den Süden: nach Saintes-Maries-de-la-mer, der „Hauptstadt“ der Camargue. Eine Destination, die wir schon lange als Ziel hatten. Im Radio liefen Boulevard des Airs und Jean-Jacques Goldman und am Straßenrand kauften wir tonnenweise frische Melonen, Pfirsiche, Aprikosen und andere Köstlichkeiten. Die Camargue begrüßte und mit fantastischem Hochsommerwetter.
Wir hatten bei Camping „La Brise“ für fünf Nächte reserviert, da wir hier ein wenig Zeit verbringen wollten. Der Campingpatz ist riesig, hat aber Flair. Und ein direkter Zugang zum Mittelmeerstrand, frische Baguettes zum Frühstück und Waschmaschine und Trockner waren ein Luxus, den wir uns gerne für ein paar Tage gönnen wollten. Die Temperaturen waren brutal und der staubige Boden auf dem gesamten Platz brütend heiß. Zum Glück ging permanent der Wind und abends kühlte es deutlich ab, sodass wir auch ohne Klimaanlage keine echten Probleme mit der Hitze hatten. Morgens wurden wir vom Dauercamper nebenan mit einem freundlichen „Bong mantäng les Allemands“ in feinstem südfranzösischen Zungenschlag begrüßt – einfach herrlich. Der Strand am in Saint Maries ist wundervoll und wir haben hier täglich das Mittelmeerklima genossen.
Leider war es zu warm, um ausgedehnte Touren in die Camargue zu machen. Wir haben uns fest vorgenommen, hier noch einmal im Frühling oder Herbst vorbeizukommen. Der Ort Saint-Maries hat ebenfalls echtes Flair und natürlich haben wir auch das Dach der berühmten Wallfahrtskirche bestiegen und den Ausblick genossen. Außerdem gab es Töpferei mit dem Kreuz der Camargue und wir haben einen Weinkühler und eine Schüssel erstanden, auf die ich gerade blicke, während ich diese Zeilen schreibe. Das Reisbier, das im Nachbarort gebraut wird und das wir -gut gekühlt, aber zu Mondpreisen- in einem kleinen Delikatessenladen erworben hatten, hat uns allerdings nicht wirklich vom Hocker gehauen.
In Saint-Maries-de-la-mer haben wir noch einen wundervollen Abend in einem Restaurant am Meer verbracht. Unsere Kinder haben die französiche Art Essen zu zelebrieren kennengelernt und ich habe eine der besten Bouillabaises meines Lebens genossen. An diesem Abend spielte PSG gegen Bayern, was uns nicht wirklich interessierte, allerdings war die gesamte Dorfjugend deswegen in Aufruhr und die temperamentvollen Restaurantbesitzer und Kellner, die Anhänger beider Mannschaften waren, überboten sich lautstark mit ihrem Geschrei quer über die Straße. Echtes Südlandfeeling. Abends fuhr dann noch ein Auto mit Megaphon durch die Straßen, das zum Stierkampf einlud. Ich war mir nicht sicher, ob ich das richtig verstanden hatte, aber die Kellnerin erklärte uns, dass es in der Camargue eine lange Stierkampftradition gäbe, die Corridas aber im Gegensatz zu Spanien unblutig seien. Tradition hin oder her, für diese Art von Spektakel fehlt uns vollkommen das Verständnis.
Die perfekten Tage in Saint-Maries wurden ein wenig durch die Nachrichten zur Covid-Situation im Süden Frankreichs getrübt. Wir hatten die gesamte Zeit über versucht, uns von Menschenansammlungen fernzuhalten, aber während es in Avignon noch konsequent mit 120€ Strafe geahndet wurde, wenn man in der Altstadt ohne Maske herumlief, interessierte das im Süden wirklich niemanden. In Cap d’Age, ein paar Kilometer entfernt, gab es ein paar Dutzend Coronafälle in einem Hotel und in Marseille schossen die Zahlen nur so in die Höhe. Dies hat mir mindestens eine schlaflose Nacht im Alkoven beschert, denn genau dort wollten wir eigentlich hin. Wir hatten zwei weitere Plätze gebucht: den einen in der Nähe von Marseille und den anderen in Le Lavandou. Da wir es nicht mehr verantworten wollten, in diese Richtung zu fahren, disponierten wir kurzerhand um. Die Plätze haben wir telefonisch bzw. per Mail storniert und beide haben uns aufgrund der Situation Voucher über den vollen Betrag ausgestellt. Vielleicht können wir diese ja in 2021 einlösen? Aber wohin? Im Süden tobt Covid und im Norden eine Gewitterfront. Zum Glück ist man mit dem Wohnmobil ja flexibel und zum Glück gibt es die Südfrankreich-Campinggruppe bei Facebook. Schnell war die Ardèche als Ziel auserkoren und da es nur ein paar Tage vor „La rentrée“ war, wo ganz Frankreich aus der Sommerstarre erwacht und die Kids wieder zur Schule gehen müssen, hatten wir auch keine Sorge, einen Platz zu finden. Mit Hilfe der Schwarmintelligenz der FB-Gruppe und Park4night hatten wir grob ein paar Plätze ins Auge gefasst und haben uns auf den Weg in Richtung Ardèche gemacht. Für die Kinder mit schwerem Herzen, weil wir vom Meer wegfuhren und auch für mich ein wenig, da ich unbedingt nach Marseille wollte und gerade zur Vorbereitung „Total Kheops“ von Jean-Claude Izzo las. Aber aufgeschoben…. Letztendlich haben die Kids dann die folgenden Tage als das Highlight des Urlaubs auserkoren.
Der nächste Stop war dann „Les Tunnels“ in Vallon-Pont-d’Arc. Ein sehr naturbelassener Platz direkt an der Ardèche, an dem wir freundlich vom Eigentümer begrüßt wurden. Wir durften uns den Stellplatz aussuchen und standen direkt im Grünen mit Blick auf den Fluss. Neben uns stand ein Aussteiger, der normalerweise in der französischsprachigen Schweiz in seinem dreißg Jahre alten Wohnmobil lebte und hier im Urlaub war. Dieser gestalte sich so, dass er gegen Mittag zwei Flaschen Rotwein trank, nachdem er aufgestanden war und den Rest des Tages in seiner Hängematte verbrachte. Ich habe ein paar nette Schwätzchen mit ihm gehalten und unsere Kinder waren nachhaltig beeindruckt von diesem Lebensmodell.
Direkt am Platz kann man in der Ardèche schwimmen und die Kinder entdeckten das Cliff-Jumping für sich. Es klingt gefährlicher als es war -der Fluss ist hier ziemlich tief- aber die kletterbaren Felsen mitten im Fluss waren wirklich imposant.
Klar, wir wollten natürlich den Pont d’Arc besuchen. Aber auf welchem Weg? Die Kinder hatten schnell den Kanuverleih ausgemacht und so beschlossen wir, am nächsten Tag eine Tour zu machen. Die berühmte Steinbrücke liegt ein paar km flussabwärts und wir konnten direkt vom Campingplatz aus starten. Es hätte noch eine deutlich längere Tour gegeben, aber wir wollten Milou nicht so lange alleine im Wohnmobil lassen.
Wir sind alle kanuerfahren und hatten keine größeren Probleme bei der Tour, die direkt vom Campingplatz aus los ging. Sandra und Joni haben sich ein Kanu geteilt und Noah und ich bekamen wendige 1er-Boote. Natürlich kam die Gopro mit, um Fotos zu machen. Die Tour ging durch einige schöne Wildwasserstellen und unter dem Pont d’Arc hindurch. Das ist auf jeden Fall deutlich cooler, als diesen vom Parkplatz aus zu betrachten. Hier haben wir auch eine ausgiebige Schwimm- und Fotopause gemacht und auch direkt an der Brücke wurde geklettert und gesprungen (nicht nur die Kinder). Auf dem Fluss war es ziemlich voll, aber es gelang uns gut, den gefühlt sicheren Abstand zu halten. Ein paar Kilometer stromabwärts wurden wir dann von einem Bus abgeholt und zurück zu unserem Ausgangspunkt gebracht. Was für eine coole Tour! Der gelungene Tag wurde dann Abends noch durch eine Pizza aus der platzeigenen Pizzeria veredelt, die wir mit zum Stellplatz nehmen konnten. Für die Kinder auf die italienische und für Sandra und mich auf die französische Art: Mit Crème fraîche und vier französischen Käsesorten. Was will man eigentlich mehr?
Der folgende Tag ist dann leider komplett ins Wasser gefallen. Es hat ohne Unterbrechung geregnet. Jetzt konnten wir die Vorzüge unseres Wohnmobils wirklich kennenlernen. Wir hatten jede Menge Platz, es wurde gelesen, Netflix geschaut, gespielt und gekocht. Und das alles war aufgrund der Aufteilung des Wohnmobils überhaupt kein Problem. Der Besitzer hat sich beim Auschecken noch mit einem „Désolé pour la pluie“ (sorry für den Regen) verabschiedet, aber letztendlich war das für uns überhaupt nicht tragisch, sondern eher eine weitere positive Wohnmobilerfahrung.
Die Reise ging weiter, ein Stückchen flussaufwärts nach Saint-Matin-d’Ardèche. Leider standen wir zuerst auf der falschen Flussseite vor der Brücke, die wir mit unserem Gefährt nicht passieren durften. Der erste nach diesem Umweg angefahrene Campingplatz war von Huttopia („Le Moulin“) und wir waren eher skeptisch, ob so eine Campingplatzkette das richtige für uns ist. Aber auch dieser Platz war einfach toll. Wir wurden sehr freundlich begrüßt („+43? Noch nie gesehen. Österreich? Ihr seid die ersten in dieser Saison“) und hatten einen gigantisch großen Stellplatz. Da in Frankreich die Ferien vorbei waren, hatte das Restaurant gerade die Winterruhe eingeläutet und der Platz war sehr leer. Das kam uns gelegen und wir verbrachten zwei sehr entspannte Nächte hier. Die Infrastruktur bei Huttopia ist wirklich hervorhebenswert.
Saint Matin ist ein hübsches Städtchen und wir sind ein wenig über den Markt flaniert und haben einige Geschäfte angeschaut und eine Kleinigkeit gegessen (Französisch-Türkischer Fusion-Döner für die Kinder ;).
Ich hatte allerdings schon vor der Anreise ein Bookmark für Aiguèze gesetzt, ein kleines mittelalterliches Dörchen auf der anderen Seite des Flusses, dass man von hier aus sehen konnte. Es ist ausgezeichnet als einer der schönsten Orte Frankreichs. Der Weg dorthin ging zur großen Freude des Nachwuches bergauf durch die Weinberge und wir haben uns mit Trauben direkt vom Stock und Feigen vom Baum stärken müssen, um diesen Anstieg zu bewältigen. Der Ort Aiguèze ist einer der schönsten, die wir jemals besichtigt haben. Eine gut erhaltene mittelalterliche Altstadt in hellem Stein mit Kopftsteinpflaster. Es gab einige Ateliers mit offener Tür, die wir besichtigt haben und kleine Läden mit Handwerkskunst. Außerdem haben wir uns im Bioladen eines lokalen Erzeugers mit Olivenöl sowie einem Fläschchen Wein für den Abend eingedeckt, Dieses malerische Dörfchen hoch über dem Ardèche-Tal ist wirklich einen Besuch wert.
So langsam war die dritte Woche unseres Urlaubs angebrochen und es war an der Zeit, die Rücktour einzuplanen.
Wie es weiter ging, kann man hier lesen.
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