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Herzhausen on the road

Einbau einer SOG-Anlage im Wohnmobil

Ja, zugegeben, es ist ein besch*** Thema, aber es betrifft irgendwie jeden und über kaum etwas wird in der Camperwelt mehr diskutiert und gestritten als über das stille Örtchen im mobilen Zuhause: Chemie oder nicht, trocken oder nass, getrennt oder gemischt, gerührt oder geschüttelt, praktisch jeder hat eine eigene, unverrückbare Meinung zum Thema Toilette unterwegs. Hier kommt unsere:

Wir haben uns im Vorfeld des Wohnmobilkaufes eine Menge Gedanken zu diesem Thema gemacht, viel gelesen und überlegt. Mit dem Mietmobil im vergangenen Jahr haben wir die Toilette nur zur Entsorgung der flüssigen menschlichen Hinterlassenschaften genutzt, da wir praktisch immer auf Campingplätzen oder Stellplätzen mit öffentlichen Toiletten standen. Das ist allerdings nicht unsere angestrebte Art des Reisens – wir wollen vollkommen unabhängig sein – und in Zeiten von Pandemien, halten wir es für noch wichtiger, die eigene Infrastruktur nutzen zu können. So haben wir im letzten Jahr gehört, dass z.B. in Kroatien Campingplätze nur für Wohnmobile mit eigener Toilette geöffnet waren. Diese durfte man normal entsorgen, die öffentlichen Sanitäranlagen waren aber wegen Corona geschlossen.

Abgesehen davon haben wir doch alles an Bord. Ich amüsiere mich immer köstlich, wenn in einschlägigen Facebookgruppen angeregt und emotional darüber diskutiert wird, ob man im Wohnmobil spülen, duschen und die Toilette nutzen sollte. Wofür haben wir das denn bitte alles gekauft?

Chemie oder nicht?

Wir sind absolut keine Fans von Chemietoiletten. Wenn wir selbst einen Van ausbauen würden, wäre unsere Wahl definitiv eine Trockentrenntoilette. Leider sind die Wohnmobilhersteller noch nicht so weit. Zur klassischen Kassettentoilette gibt es praktisch keine Alternative. Es gibt Möglichkeiten, diese umzubauen, das sind aber alles Bastellösungen und das wollten wir bei einem neuen Fahrzeug einfach nicht. Diverse Lösungen mit Beuteln für die festen Hinterlassenschaften (der interessierte Leser findet im Netz zuhauf (!) Beschreibungen hierzu) scheiden aufgrund der Praktikabilität und Kompatibilität beim Reisen mit Kindern ebenfalls aus. Also, Kassettentoilette, aber so praktisch wie möglich!

In Mr. Kurt ist eine Thetford C223 verbaut. Da wir einige Tage autark sein wollen, haben wir direkt eine zweite Kassette bestellt. Der Hersteller bietet ein „Fresh-Up-Set“ für seine Toiletten zu einem akzeptablen Preis an. Diese transportieren wir in einer Kunststoffkiste in der Garage und das funktioniert wunderbar. Damit sind drei Tage ohne Entsorgung drin.

Schon vor dem Kauf von Mr. Kurt war uns klar, dass wir eine Sog-Anlage einbauen wollen. Diese erzeugt beim Öffnen der Toilette einen Unterdruck und lüftet über einen Filter nach außen ab. Kein Toilettengeruch mehr im Wohnmobil und keine Chemie notwendig. Das verspricht jedenfalls der Hersteller. Direkt nach der ersten Wochenendtour sind wir dann zur Tat geschritten und haben das erste Loch ins Wohnmobil gebohrt (es sind bis heute einige weitere gefolgt).

Der Einbau

Ich hatte mich vorher in diversen Foren informiert und einige Berichte zum Einbau von Sog-Anlagen gelesen. Die Anleitung des Herstellers war recht gut und wurde scheinbar zu älteren Versionen deutlich verbessert. Normalerweise besteht der Einbau aus drei Teilen:

  • mechanische Installation
  • Modifikation der Kassette
  • elektrische Installation

Vom Prinzip her muss irgendwo ein Schlauch an die Kassette angeschlossen werden, der mit einem Ventilator an der Tür verbunden einen Unterdruck erzeugt. Dies wird von Modell zu Modell verschieden realisiert. Mal wird ein Anschluss in den Deckel gebohrt, mal muss das Ventil ausgetauscht werden, etc. Unsere Thetford wurde bereits werkseitig mit einem Entlüftungsventil versehen und von dort führte ein Schlauch unter das Fahrzeug. Das Hilft der Abfuhr von Faulgasen und der Sauerstoffzufuhr für die Zersetzung, aber eben nur passiv. Trotzdem wollte ich genau diese Vorrichtung nutzen, um die Sog anzuschließen. Warum sollte ich ein zweites Loch in die Kassette bohren? Außerdem hätte ich dann ja irgendwie die vorhandene Entlüftung verschließen müssen. Leider ist der Entlüftungsschlauch von Thetford dünner als der von Sog. Schlußendlich habe ich die beiden Schläuche mit einem Adapter einer Luftpumpe und zwei Schlauchschellen verbunden.

Herstellerseitige Entlüftung bei der neuen Thetford. Loch für den Ventilator in der Tür

In die Kassettentür muss ein Loch gebohrt werden, in das später der kleine Hochleistungsventilator eingesetzt wird. Die Einbauposition muss so ausgemessen werden, dass beim Schließen der Tür nichts von der Kassette im Weg ist. Dies ist in der Anleitung recht gut beschrieben, hier lohnt es sich aber durchaus zweimal nachzudenken und zu messen. Das Loch habe ich von innen und außen mit einem Forstnerbohrer gemacht und nachher mit der Feile versäubert. Kein Problem bei GFK. Die Innenseite mit Silikon abdichten, ebenso die Fläche unter der Verschraubung damit hier keine Feuchtigkeit eindringen kann. Der Ventilator verschwindet komplett im Loch und wird mit vier Schrauben von innen befestigt.

Von außen wird der Filterhalter angeschraubt und der Aktivkohlefilter eingesetzt. Alle Arbeitsschritte lassen sich am besten an der ausgebauten Tür in der Werkstatt durchführen.

Modifikation der Tür mit Einbau des Ventilators und des Aktivkohlefilters

In den Kassettenschacht selbst muss ein Mikroschalter eingesetzt werden, der das System aktiviert, wenn von innen der Schieber der Toilette geöffnet wird. Ich habe einige Einbauberichte gelesen, bei denen hier ein Stück des Öffnermechanismus der Toilette abgesägt werden, der Schalter eingeklebt oder mit einem Kunststoffdübel im Schacht befestigt werden musste. All dies war bei uns nicht der Fall, da der Schalter fertig montiert an einer Edelstahlschiene geliefert wurde, die einfach an zwei vorhandenen Schrauben befestigt werden kann. Saubere Lösung, Sog!

Die Leitungen lassen sich einfach durch den Kassettenschacht nach vorne führen. Es gibt einen kleinen Kabelbaum, der mit dem Schalter und der 12V-Versorgung der Wasserpumpe verbunden und schließlich zum Ventilator geführt wird. Diese Installation ist vermutlich bei jedem Wohnmobil verschieden, bei uns war sie denkbar einfach. Alle nötigen Verbinder werden mitgeliefert.

Fertige Tür, Einbau der Metallschiene mit Schalter (r.o.), Elektroinstallation

Der Rest war dann eigentlich nur noch Makulatur. Den Schlauch und die Leitung ordentlich verlegen, damit sich die Tür richtig öffnen lässt.

Etwas schwieriger gestaltete sich dann jedoch die Führung des Abluftschlauches. Dieser war an der Stelle nicht vorgesehen, wo wir ihn installiert haben und war zunächst beim Einsetzen der Kassette im Weg. Ich habe schließlich ein Stück aus der äußeren Begrenzung des Schachtes ausgeklinkt und den Schlauch eng mit Schellen befestigt. Passt genau!

Der Aufkleber an der Innenseite der Tür gibt das Verfallsdatum des Filters an. Dieser sollte im Interesse der Platznachbarn jährlich ausgetauscht werden. Im folgenden Bild sieht man die fertig eingebaute Anlage.

Sog-Anlage fertig eingebaut.
Unter der Metallschelle befindet sich die Verbindung der Schläuche. Rechts unten der Rest der herstellerseitigen passiven Entlüftung

Praxistest

Und? Funktioniert das jetzt?

Unser Fazit nach einigen Touren: definitiv ja! Es riecht überhaupt nicht mehr. Sobald die Toilette geöffnet wird, springt der kleine Ventilator an und es riecht weder nach menschlichen Ausscheidungen noch nach Bahnhofsklo. Die Luft wird nach außen gezogen und durch den Filter abgeleitet. Auch dort ist nichts zu riechen. Zumindest nicht in der freien Natur. Im Vorzelt würde ich es nicht unbedingt probieren.

Ob die Zersetzung schneller funktioniert, wie der Hersteller es verspricht, wissen wir nicht, da uns der Vergleich fehlt. Einen Luftaustausch hatten wir aufgrund der passiven Entlüftung ja vorher auch schon. Der nächste Schritt für uns ist jetzt der Umstieg auf einen umweltverträglichen Toilettenzusatz. Noch brauchen wir die „Schlumpfbrühe“ auf, werden aber für die nächsten Touren mal Ammovit probieren. Dies gibt es leider in Österreich nicht, aber wenn wir Ende des Monats nach Deutschland kommen, wartet dort schon ein Eimer auf uns.

Fazit

Aus unserer Sicht ist bei unserer Nutzung des Wohnmobils als autarkes Fahrzeug eine Sog-Anlage ein Muss. Sie ist die beste der schlechten Möglichkeiten, wenn man nicht alles umbauen und eine Trockentrenntoilette einbauen möchte. Der Einbau ist mit etwas handwerklichem Geschick gut zu machen und der Mehrwert ist enorm.

(unbezahlte Werbung aufgrund der Nennung von Markennamen und Verlinkung der Hersteller)

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